geschrieben von GKP
14 Journalisten aus Baden-Württemberg kamen am 11. Mai nach Karlsruhe zu einem GKP-Termin. Die GKP, Region Südwest, und der Ökumenische Presseclub Baden-Württemberg (ÖPC) hatten zu einer Veranstaltung mit Erzbischof Stephan Burger eingeladen. Die Journalisten aus Karlsruhe, Freiburg, Stuttgart und Baden-Baden konnten sich in einem Gespräch ein Bild von den Themen machen, die den Erzbischof derzeit beschäftigen.
Fast die ganze Redaktion des Konradsblatts, der Wochenzeitung für das Erzbistum, war an dem Abend vertreten. Für den Termin kam Stephan Burger eigens von Freiburg nach Karlsruhe. Gut gelaunt kam er schon etwas vor dem vereinbarten Zeitpunkt, weil es auf der Autobahn rund lief. Die Gastgeber der Kirchengemeinde St. Elisabeth hatten den Gästen Getränke, Kaffee, Kuchen und Schnitten aufgetischt, so dass sich alle Teilnehmer rundherum wohlfühlten.
Eineinhalb Stunden stand Erzbischof Burger der GKP Rede und Antwort. Dabei ging es um Themen, die ihn derzeit beschäftigen: politische Debatte um Suizidbeihilfe, die bevorstehenden Änderungen im kirchlichen Arbeitsrecht, die Flüchtlingsproblematik, aber auch sein Amtsverständnis sowie Themen der Weltkirche und der deutschen Diözesen insgesamt. „Ich bin nicht als Bischof geboren, sondern ich sehe mein Amt immer von den Gemeinden her“, sagte Burger. Deshalb versuche er derzeit, alle Dekanate zu besuchen und Kontakte zu knüpfen. „Eine Kirchenbehörde ruht nicht in sich, sondern ist Dienstleister für die Gemeinden“, so der 53-Jährige, der Ende Juni 2014 zum Nachfolger von Robert Zollitsch geweiht worden war. Dieser Ansatz sei zwar nicht immer der „schlagzeilenträchtigste“, aber darum gehe es ihm auch nicht. Er sehe die Dinge aus der Perspektive des Pfarrers und der Gemeinde, die er ansonsten mit allzu viel Direktiven und Anweisungen verschonen möchte. Burger will Ruhe in die Seelsorge reinbringen. Es nütze nichts, wenn die Kirchenbehörde in Freiburg nur Papiere produziere, denn: „Wer liest die Papiere?“. Burger erinnerte sich daran, dass er sich als Pfarrer auch bei jedem Dokument aus Freiburg gefragt habe: Ist der Vorschlag praktisch durchsetzbar oder nicht? Wenn nicht, hat er das Schreiben ignoriert. Beim Thema Suizidbeihilfe merkte der Erzbischof an, man müsse alles dafür tun, dass der Gedanke eines Suizids beim kranken Menschen gar nicht erst aufkommt. „Wenn Suizid hoffähig werden soll, dann stimmt etwas in unserem Land nicht“, sagte er. Die Position der Kirche sei: Leben ist nicht verfügbar.
Die bevorstehenden Änderungen beim kirchlichen Arbeitsrecht begrüßte Burger. „Die Änderung ist wichtig, denn es geht darum, wie wir in die Gesellschaft hineinwirken wollen“. Burger ist sich sicher, dass der Vatikan die deutschen Neuregelungen anerkennen wird. „Rom kann uns nicht in die Schranken weisen.“
Nach der Strukturreform in der Erzdiözese räumt Burger ein, noch keine Vorstellung davon zu haben, wie das Bistum in zehn Jahren aussieht. „Seelsorge wird sich komplett anders aufstellen müssen. Es wird Pfarreien geben, in denen nichts mehr da ist“, sagte er voraus. Burger nimmt sich vor, auf diese Entwicklung pragmatisch zu reagieren. Auch hier gilt wieder: Ruhe reinbringen. Klar stehe die Eucharistie weiter im Zentrum katholischen Glaubens. Doch müsse man darüber nachdenken, welche Ergänzungen zur Eucharistie möglich wären. Burger: „Andachtsformen waren lange Zeit nicht mehr so wichtig. Jetzt müssten wir sie wieder stärker anbieten, aber die Frage ist: Wie kann man die Andachten jetzt reaktivieren?“ Burger bezweifelt, dass man durch eine Änderung der Zulassungsbedingungen zum Priesteramt die Probleme der Seelsorge regeln könnte, Stichwort viri probati. Burger zeigte sich skeptisch: „Die große Masse an Priesterkandidaten würden wir so auch nicht erreichen.“ Wichtig finde er bei der Weitergabe des Glaubens ohnehin die persönlichen Kontakte. Das ist für Burger der Dreh- und Angelpunkt, wenn er an das Christentum der Zukunft denkt. Es gehe darum, wie die Menschen vor Ort, die Familie das Christsein lebe. Wie oft, fragt der Erzbischof die in den Gemeinden Tätigen, „vergräbt man sich in Einzelfragen, Strukturfragen“, statt sich darauf zu konzentrieren, den Glauben einfach zu leben. Auch darum will Burger nicht mit Papieren und Anweisungen den Kirchengemeinden Aufgaben auferlegen, die sie ohnehin nicht bewältigen können. Einfach Christ sein, lautet Burgers Parole. Er vermittelt den Eindruck, sich nicht verrückt machen zu lassen, sich nicht von Strukturfragen der Seelsorgeeinheiten, von Frust an der Basis treiben zu lassen. Mit dem Bekenntnis, dass er nicht twittert, sondern lieber bei einem „Viertele Wein“ von Mensch zu Mensch kommuniziere, endete der offizielle Teil des GKP-ÖPC-Abends. Der Erzbischof bekam als Dankeschön eine Flasche Riesling aus Baden geschenkt, das passte, denn seine letzte Pfarrhausstation, bevor er nach Freiburg umzog, war am Kaiserstuhl. Der Abend klang bei Häppchen und Getränken mit Gesprächen in kleiner Runde aus. Einige indes machten sich gleich nach dem GKP-Terminauf den Weg: Sie wollten an dem Abend noch ins Wildparkstadion, um den KSC anzufeuern. Das hat nichts genutzt: der KSC verlor gegen Darmstadt mit 0:1. Auch da hätte Erzbischof Burger gelassen mit den Achseln gezuckt.