geschrieben von Joachim Frank
Die Benediktinerin Philippa Rath ist in Göttingen mit dem Edith-Stein-Preis ausgezeichnet worden. Der Göttinger Edith-Stein-Kreis würdigt damit Raths Engagement für die Rechte der Frauen in der katholischen Kirche und in der Gesellschaft. Nach Ansicht der Jury steht die Ordensfrau, die auch Mitglied der GKP ist, mit ihrem Einsatz als Delegierte des „Synodalen Wegs“ sowie als Herausgeberin zweier Bücher über die Berufung von Frauen zum geistlichen Amt in der Kirche „in einer Linie“ mit der Namensgeberin des Preises, der 1942 in Auschwitz ermordeten Philosophin, Frauenrechtlerin und Karmelitin jüdischer Herkunft Edith Stein.
Wir dokumentieren die Laudatio von Prof. Dr. Julia Knop und Sr. Philippa Rath OSB:
Philippa Rath sei „eine starke, kluge, leidenschaftliche und zutiefst empathische Frau, politisch wach und kirchenpolitisch engagiert“, sagte die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop in ihrer Laudatio. „Schwester Philippa ist absolut nüchtern, klar und aufmerksam, insofern sie sich keine Illusionen darüber macht, wie reibungslos das römisch-katholische System klerikaler Macht funktioniert. Aber sie ist absolut nicht nüchtern, geduldig oder emotionslos, wenn sie für diejenigen eintritt, um deretwillen sie sich für ihre, für unsere Kirche schämt, für diejenigen, deren Leiden an ihrer, an unserer Kirche sie leidenschaftlich streiten lässt.“
Knop, die ebenfalls GKP-Mitglied ist, ging besonders auf Raths 2021 erschienen Bestseller „Weil Gott es so will. Frauen erzählen von ihrer Berufung zur Diakonin und Priesterin“ (Herder-Verlag) ein. Rath habe mit den darin gesammelten Zeugnissen „gewissermaßen weiblichen Widerspruch gegen päpstlichen Widerspruch publiziert, die Autorität des Individuums gegen die Autorität des Lehramts gestellt, spirituelle Selbstermächtigung gegen kirchliche Übermächtigung dokumentiert“, so Knop mit Bezug auf das Schreiben „Ordinatio Sacerdotalis“ Papst Johannes Pauls II. von 1994, das den Ausschluss der Frauen vom Priesteramt zu einer verbindlichen Lehre der Kirche erklärte.
Demgegenüber zeige Raths Veröffentlichung, „dass es (natürlich!) viele, vielfältige, kraftvolle und zerstörte weibliche Berufungen gibt. Und sie zeigen, was fehlt. Sie zeigen die Ignoranz eines Kirchensystems, in dem Jahr um Jahr ein Rückgang der Priester- und Ordensberufungen beklagt und Gebetszeiten und -zettel für geistliche Berufungen entwickelt werden, aber niemand auf die Idee kommt, ernsthaft darüber nachzudenken, ob das Problem nicht vielleicht ganz woanders liegt.“
In ihrer Dankesrede betonte Rath, sie nehme den Preis „stellvertretend für alle entgegen, die sich heute in der Frauenbewegung in Kirche und Gesellschaft engagieren“. Sie sei „in der Tat überzeugt, dass Grenzüberschreitungen notwendig sind, nicht nur um Neues zu lernen und Neues zu erfahren, sondern um vorzudringen in die Offenheit und Weite des göttlichen Heilsplans.“ Auch die Frauen und Männer, die sich heute ihr zusammen dafür einsetzten, Kirche und das Amt in ihr neu zu denken, wollten Grenzen überschreiten, betonte Rath. „Grenzen vor allem, die die zugeschriebenen Geschlechterrollen setzen, Grenzen, die die Teilhabe aller an Ämtern und Diensten in der Kirche verhindern, Grenzen auch, die Macht- und Einflusssphären zementieren und Berufungen, Kompetenzen und Charismen von Frauen nicht oder nur unzureichend wahrnehmen und anerkennen.“ Sie bleibe zuversichtlich, „dass die gesellschaftliche Realität der Frauen so bald wie möglich auch zu einem neuen kirchlichen Verständnis führen“ werde.
Die 1955 in Düsseldorf geborene Philippa Rath war vor ihrem Ordenseintritt 1990 als Journalistin und Lektorin tätig, unter anderem beim Herder-Verlag und beim Deutschlandfunk. In ihrer Abtei Sankt Hildegard in Rüdesheim-Eibingen verantwortet sie unter anderem die Pressearbeit der Abtei sowie der Klosterstiftung Sankt Hildegard.