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Die EU-Urheberrechtsreform dient nicht den Urhebern – Replik auf Pater Bieger

| 3 min Lesezeit

geschrieben von GKP

In einem Beitrag auf der Plattform explizit.net wirft Pater Eckhard Bieger der GKP vor, sie fordere von den freien Autoren den Verzicht auf den üblichen Schutz ihres geistigen Eigentums. Dem liegt offenbar ein Missverständnis zugrunde, das sich hoffentlich mit der folgenden Erläuterung auflösen lässt:

Die GKP hatte sich durch eine Pressemitteilung sowie einen Kommentar des Vorstandsmitglieds Felix Neumann in der vergangenen Ausgabe der „GKP-Informationen“ – wie viele andere Institutionen der europäischen Zivilgesellschaft (und mehrere Zehntausend Demonstrantinnen und Demonstranten am 23. März) – deutlich gegen die Reform des EU-Urheberrechts in ihrer vorliegenden Fassung ausgesprochen. Dass Urheberrechte auch im Netz geschützt und Journalisten an den online erzielten Erträgen ihrer Arbeit angemessen beteiligt werden müssen, hat die GKP immer betont.

Pater Bieger bezieht sich in seinem Text immer wieder auf Youtube und nimmt als Tatbestand an, dass dort von Nutzern Material hochgeladen werde, an dem sie keine Rechte besitzen. Ja, das kommt unbestritten vor und ist für alle redlichen Urheber in höchstem Maße ärgerlich. Werden solche Rechtsverstöße ruchbar, so ist die Plattform bereits jetzt verpflichtet, das Material unverzüglich zu löschen. Man nennt dieses bisher geltende Verfahren „Notice-and-Takedown“.

Der Normalfall bzw. das Geschäftsmodell von Youtube ist der geschilderte Fall allerdings nicht. Vielmehr werden in jeder Minute rund 400 Stunden Video-Material auf die Plattform hochgeladen, vieles davon wird eigens dafür produziert. Die Qualitätsspanne reicht vom mehrfach preisgekrönten Wissenschaftskanal bis zum Hobbyfilmer, der mit seinem Handy ein wackeliges Video eines in der Nähe vorbeifliegenden Hubschraubers ins Netz stellt.

All diesen Publikationen ist gemeinsam, dass sie, wie Pater Bieger richtig anmerkt, urheberrechtlich geschützt sind. Jeder und jede kann in den Sozialen Medien zum Urheber werden. Das ist der fundamentale Unterschied zur asymmetrischen Kommunikation früherer Jahrzehnte und Jahrhunderte, wo das Publizieren einer gebildeten Elite von Medienschaffenden vorbehalten war. Wenn aber jeder der rund 1,6 Milliarden (!) registrierten Youtube-Nutzer jederzeit etwas publizieren kann, wie soll Youtube nun kontrollieren, wo eine etwaige Verletzung des Urheberrechts lauert? Es ist bei diesen Nutzerzahlen und dieser Masse an Material nur automatisiert möglich, den Buchstaben des vorliegenden Richtlinien-Entwurfs Folge zu leisten, so gerne man sich auch andere Modelle, wie z.B. eine Verwertungsgesellschaft, wünschen mag.

Übrigens gilt die Verpflichtung zur Prüfung nicht nur für die Großkonzerne wie Youtube: Auch jedes Fußballfanforum, jede Hundezüchter-Community ist zunächst einmal eine Plattform, die dazu dient, „eine große Menge an von [ihren] Nutzern hochgeladenen, urheberrechtlich geschützten Werken“ (so lautet der entsprechende Passus in der Richtlinie) zu veröffentlichen.

Der GKP-Erklärung geht es nicht darum, Urheber um ihre verdienten Ansprüche zu bringen. Das Gegenteil ist der Fall: So sehen wir, anders als offenbar Pater Bieger, auch Artikel 12 kritisch, der den Urhebern 50 Prozent ihrer VG-Wort-Tantiemen wieder wegnimmt, die ihnen seit dem entsprechenden Urteil des Bundesgerichtshofs 2016 zustehen.

Dabei wissen wir uns verbunden mit anderen Initiativen und Gruppierungen, die für die Rechte der Urheber kämpfen. Carola Dorner, Vorsitzende des Freischreiber e.V., des Berufsverbandes freier Journalistinnen und Journalisten, bringt es auf den Punkt, wenn sie sagt: „Die Reform ist in ihrem jetzigen Zustand ein Flickenteppich, zusammengeschnitten aus Partikularinteressen und nur weil hier und da ein Faden vielleicht ganz hübsch ist, bleibt sie doch in ihrer Gesamtheit ein Flickwerk, das einer Gruppe bestimmt nicht nützt: den Urhebern.“

Thomas Mollen