geschrieben von GKP
Der Vorstand der Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP) hat sich für eine Veröffentlichung der Kölner Untersuchungsergebnisse zum sexuellen Missbrauch ausgesprochen. Er solidarisiert sich mit den Betroffenen, die, wie die Öffentlichkeit auch, einen Anspruch auf die Wahrheit hätten und nicht zum zweiten Mal zu Opfern gemacht werden dürften.
Hier der Wortlaut der Erklärung:
Die detaillierte Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch beschäftigt weiterhin – und noch lange – die katholische Kirche. Dabei wühlt das Zurückhalten der angekündigten Untersuchung durch das Erzbistum Köln viele Katholikinnen und Katholiken auf und sorgt für Enttäuschungen, Verletzungen, Sprachlosigkeit. Im Herbst 2018 kündigte Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki an, die Erzdiözese Köln werde „sich der Wahrheit stellen – auch dann, wenn diese schmerzlich ist. Und dazu gehört es, ungeschönt und ohne falsche Rücksichten aufzuklären. Das wird wahrscheinlich sehr schmerzhaft – auch für uns selbst. Aber Taten sprechen lauter als Worte.“
Diese Ankündigung einer „externen“ und „unabhängigen“ Untersuchung hat vielen Menschen Hoffnung auf einen Lernprozess bei kirchlich Verantwortlichen und auf Transparenz gemacht. Für uns als Journalistinnen und Journalisten, als Vorstand der Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP), ist Transparenz, wie auch Wahrhaftigkeit, ein sehr hohes Gut. Wir fühlen uns dem Anspruch der Wahrheit verpflichtet, gerade auch wenn es um unsere Kirche geht. Mag die Wahrheit auch schmerzlich sein – sie „wird euch frei machen“, verheißt ein Wort Jesu im Johannes-Evangelium.
Diese Hoffnung ließ auch Betroffene sexuellen Missbrauchs, die unter ihrer Kirche gelitten haben und die bleibend verletzt sind, mitwirken in einem vom Kölner Erzbischof eingerichteten Beirat. Sie sehen sich nun ein zweites Mal missbraucht und werden erneut von kirchlicher Seite zu Opfern gemacht. Daher fordern wir die Leitung der Erzdiözese Köln auf, das unter Verschluss gehaltene Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl über sexualisierte Gewalt durch Kleriker ohne Rückhalt zu veröffentlichen. Die vom Erzbistum erhobenen massiven Vorwürfe gegen diese Arbeit bleiben unüberprüfbar, solange der Text nur Vertretern des Erzbistums bekannt ist und die Kanzlei nicht von ihrer Verschwiegenheitspflicht entbunden wird. Diese Art, Deutungshoheit zu behaupten, steht im Widerspruch zu Transparenz, Fairness und rechtsstaatlichen Standards.
Die Verantwortlichen für Vertuschung von Missbrauch, Täterschutz und mangelnder Opferfürsorge müssen sich dem stellen, was sie getan oder unterlassen haben. Das Bistum Aachen hat gezeigt, dass das möglich ist. Die Zeit der juristischen Winkelzüge und Selbstverteidigung ist vorbei. Geduld und Vertrauen sind aufgebraucht. Wir selbst spüren in unserer journalistischen Arbeit, in Gesprächen im Bekanntenkreis oder mit Kolleginnen und Kollegen die erneute Enttäuschung vieler Menschen. Die säkulare und die kirchliche Öffentlichkeit, das Volk Gottes, haben ein Recht auf die ganze Wahrheit. Und die Überlebenden von Missbrauch und sexualisierter Gewalt dürfen nie mehr dazu benutzt werden, von fragwürdigen Entscheidungen kirchlicher Verantwortungsträger abzulenken.
Mit Respekt schauen wir auf das Bistum Aachen und den Umgang mit seinem Münchner Gutachten. Wir möchten die Bistumsleitung dazu ermutigen, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen, zu institutioneller und persönlicher Verantwortung zu stehen, notwendige Gespräche zu suchen und grundlegende Klärungen herbeizuführen. Noch einmal möchten wir Kardinal Woelki zitieren: „Wenn wir jetzt die richtigen Entscheidungen treffen, Fehler und Versagen der Vergangenheit aufklären, wird auch wieder ein Licht am Ende des Tunnels erscheinen.“
Foto: Thomas Wolf, www.foto-tw.de, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=28110738