Aus den GKP-Informationen

Besinnungstage der GKP im Kloster Gerleve

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Besinnungstage der GKP im Kloster Gerleve

geschrieben von Ursula Wicklein

Das Benediktiner-Kloster Sankt Joseph in Gerleve thront wuchtig auf einem Hügel der Baumberge über dem Münsterland gelegen zwischen Coesfeld und Billerbeck. Die Abtei wurde Ende des 19. Jahrhunderts gestiftet. Beeinträchtigt von den Katastrophen des 20. Jahrhunderts, wurde sie nach und nach vervollständigt; die neo-romanische Kirche konnte erst 1950 feierlich geweiht werden. Das Bildungshaus „Ludgerirast“ war ein guter Ort für die diesjährigen GKP-Besinnungstage. Pater Christof Wolf SJ hatte sie unter das Motto „Sehnsucht nach Leben – Der andere Blick auf sich selbst“ gestellt. 16 Teilnehmerinnen und Teilnehmer trafen sich vom 10. bis zum 12. Februar 2023
in Gerleve. Es gibt einen festen Kern, der versucht, das Angebot der Besinnungstage möglichst oft wahrzunehmen, hinzu kommen einige Neue, die selbstverständlich integriert werden. Das war auch in diesem Jahr so.

Wie fast immer begann das Wochenende mit einem Film, diesmal mit einem langen, besonders konfliktreichen. Danach war für die Gruppe Schweigen bis zum nächsten Nachmittag angesagt, das nur von Impulsen zum Nachdenken unterbrochen wurde. Man hatte Zeit für sich, ging entweder im Klosterpark auf und ab oder zog sich aufs Zimmer zurück. Zwischendurch gab es Gelegenheit, in der Kirche an Mittagsgebet, Vesper oder Complet der 35 Mönche teilzunehmen. Neben der geistigen Nahrung kam auch der Körper bei schmackhaften Mahlzeiten zu seinem Recht.

Der amerikanische Streifen „Insider“ bot Anlass zur inneren Auseinandersetzung. Er zeigt „gewöhnliche Menschen unter außergewöhnlichem Druck“, wie es eine der beiden Hauptgestalten, der Journalist Lowell, formuliert. Der Mitarbeiter der renommierten TV-Sendung „60 minutes“ wittert eine Story: Top-Chemiker Dr. Jeffrey Wigand ist gefeuert worden von seinem Arbeitgeber, einem Tabakkonzern. Lowell will Jeff zum Reden über die Gründe des Rauswurfs bringen und ihn überzeugen, dass die Öffentlichkeit ihn schützen werde, wenn er das ver-traglich festgehaltene Schweigeverbot breche. Jeff hatte nämlich herausgefunden, dass sein Betrieb die schädliche Wirkung des Nikotins auf das menschliche Gehirn chemisch verstärken lässt. Daran will er sich nicht beteiligen. Diese Substanzen machen überdies süchtig, was das Unternehmen bestreitet. Jeff sieht einerseits die Notwendigkeit, die Öffentlichkeit zu warnen, befürchtet aber andererseits Konsequenzen für seinen sozialen Status und seine Familie. Seine Frau droht dem Druck nicht standzuhalten. Mit ihr zu reden, fällt ihm schwer.

Nachdem Jeff Lowells Appellen endlich stattgegeben hat, soll das Interview nicht ausgestrahlt werden, denn der Sender wird von dem Konzern wirtschaftlich erpresst. Lowell sieht seine Glaubwürdigkeit unterminiert, mit der er das Vertrauen seiner Interviewpartner bisher stets gewinnen konnte. Er kündigt. Jeff bekommt keine hochdotierte Stelle mehr in der Industrie und wird Lehrer, er ist geschieden worden, hat Haus und Status verloren. Ein Scherbenhaufen allenthalben.

Der Film basiert auf realen Vorfällen. Nicht nur das konnte einen zum Nachdenken bringen über das Verhältnis von privatem Leben und beruflicher sowie gesellschaftlicher Verantwortung, über Konsequenzen journalistischer Tätigkeit, über die Frage nach den eigenen Werten, die das Handeln bestimmen. Wer bin ich? Was hält mich? Woran halte ich mich? Wie hoch ist meine Verantwortung für andere?

Am Samstagnachmittag beim Emmausspaziergang durfte endlich das Schweigen gebrochen werden. Jeweils zwei Teilnehmende tauschten unterwegs Gedanken, Lebens- und Berufserfahrungen aus. Die intensiven Gespräche bieten stets eine gute Gelegenheit, einander näher kennenzulernen oder Freundschaften zu schließen. Es versteht sich, dass der Abend gesellig und heiter ausklang.

Vor der Sonntagsmesse wurde im Plenum ein Fazit gezogen. Danach, in der schönen und schlichten Klosterkapelle, sprach Pater Wolf über Christi Erneuerung der Gebote, die er aus der Erstarrung durch Routine und Gewohnheit in die lebendige Gegenwart holte, bis dahin, dass sie uns heute angehen. Die Seele ist die Verbindung zu Gott. Dieser Schlusssatz der Predigt fasste das Erlebnis dieser Tage zusammen. So konnten sich nach dem Segen alle getrost auf den mehr oder minder langen Heimweg machen.