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Abenteuer im Beruf: Die Altarschelle

| 3 min Lesezeit

geschrieben von GKP

Judith Rupp ist Pressesprecherin im Bistum Trier und leitet den Bereich „Kommunikation und Medien“. In der GKP ist sie seit 2014 dank des hartnäckigen Werbens ihres früheren Chefs Dr. Stephan Kronenburg. Das Bistum Trier ist seit 60 Jahre mit Bolivien in einer Partnerschaft verbunden.

Wissen Sie, was „Altarschelle“ auf Spanisch heißt? Ich wusste es nicht, zumindest nicht bis zum März 2015. Da hatte ich nämlich eine im Gepäck, auf dem Flug nach Bolivien. Natürlich wurde ich nach der Ankunft in Santa Cruz vom Zoll rausgebeten. Was das denn sei, was da golden schimmernd zwischen meinen T-Shirts lag, wollte der Zollbeamte wissen. Mit dem Ausdruck „campanilla del altar“ konnte er nichts anfangen, und so musste ich mit meinen drei Brocken Spanisch erklären, wozu das Teil gut sein soll und dass ich es für „Padre Leo“ als Geschenk aus seinem Heimatbistum mitbringe. Ob den Beamten mein Gestammel überzeugt hat oder ob er dachte, dass ich wohl kaum Schaden mit einer Glocke anrichten würde – er ließ mich mitsamt der Schelle einreisen.

Diese Episode war der Anfang einer wunderbaren Begegnungsreise einer Delegation aus dem Bistum Trier ins Partnerland Bolivien, die rückblickend von ziemlich abenteuerlichen Auto- oder Schiffsfahrten geprägt war. Ich erinnere mich an den Besuch in Aramasi, hoch in den bolivianischen Anden. Bis auf 4.000 Meter üNN führte uns die Fahrt über eine schmale, nicht asphaltierte Straße; rechts und links ging es besorgniserregend tief hinab. Während mein Kollege halb aus dem Fenster hing, um die Fahrt zu filmen, fragte ich, was eigentlich passiere, wenn uns ein Auto entgegenkommt – denn Platz für zwei Autos war definitiv nicht. „Wir hupen“, war die ebenso fröhliche wie verwirrende Antwort. Es kam Gott sei dank kein Auto entgegen und wir heil in Aramasi an, wo wir den Kartoffelanbau bestaunten in einem Boden, der eigentlich gar keine Lebensmittel hervorbringen kann.

Ich denke an Konrad Lisowski, einen jungen Priester aus dem Bistum Trier, der in einem der ärmsten Viertel von El Alto arbeitet. Seine Pfarrei in der offiziell zweitgrößten Stadt Boliviens ist in der Stadt selbst recht kompakt – doch um zu einer seiner „Außenstellen“ im Zongo-Tal zu kommen, ist man gut drei Stunden und durch drei Klimazonen unterwegs: durch die üppige subtropische Vegetation des Zongo-Tals 900 Metern über dem Meeresspiegel über den Pass des Huayna Potosí auf 4.800 Meter Höhe und wieder „runter“ auf knapp 4.000 Meter nach El Alto ins karge Hochland.

Und ich träume mich zurück auf die Isla del Sol. Auch dorthin war die Fahrt lang und durch eine ziemlich unruhige Überfahrt in einem völlig überfüllten Boot auf die Insel „gekrönt“. Aber die Stille dort, die Sterne, die ich noch nie so nah und intensiv gesehen habe, waren trotz der mit rund 3.800 Metern hochgelegenen Lage der Insel im Titicacasee wirklich zum „Runterkommen“ am Ende der Reise.

Die Altarschelle habe ich übrigens schon ganz zu Beginn der Reise übergeben. In Cuevo, rund sechs Stunden Autofahrt über Landstraßen von Santa Cruz entfernt, im bolivianischen Tiefland, freute sich eine der vielen kleinen Gemeinden von Padre Leo darüber. „Padre Leo“, das war der 2018 verstorbene Trierer Weihbischof Leo Schwarz, der seit seiner Emeritierung wieder in Bolivien gelebt und gearbeitet hatte.

Dass solche Erfahrungen möglich sind als Teil meiner Arbeit, empfinde ich als Geschenk. Im Juli wollte ich dem „Abenteuer Bolivien“ ein weiteres Kapitel hinzufügen. Corona hat mir und der Reisegruppe einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber wir holen das nach – hoffentlich im nächsten Jahr.